Ein Autor:inneninterview mit Sylvia Döttlinger, Evelyn Fischer und Roland Tappeiner.
Anlässlich des Weltkrebstages am 04. Februar 2022 haben wir die Spendenaktion #schreibengegenkrebs ins Leben gerufen und drei unserer Autor:innen interviewt. Sylvia, Roland und Evelyn haben den Krebs besiegt und ihre persönliche Geschichte als Buch veröffentlicht.
Drei Autor:innen erzählen über den Kampf gegen den Krebs und die Wirkung des Schreibens
Sylvia Döttlinger, Evelyn Fischer und Roland Tappeiner hatten Krebs. Über ihren Kampf haben sie Bücher geschrieben. Sie erzählen auf ganz persönliche Art und Weise von der Diagnose, der Behandlung, der Heilung und darüber, wie sie zurück in ein glückliches Leben gefunden haben. Sie haben mit uns über ihre Erfahrungen, ihre Ängste und die heilsame Wirkung des Schreibens gesprochen.
Interview mit Sylvia Döttlinger
Im Jahr 2019 wurde bei dir Brustkrebs diagnostiziert. Wie wurde der Knoten entdeckt? Was waren deine ersten Gedanken dazu?
Es war bei einem Routinecheck an einem wunderschönen Spätsommertag – in der Praxis meiner langjährigen Frauenärztin. Mir fuhr sprichwörtlich der Schreck in die Glieder, denn ich wusste vom ersten Moment an, der Knoten wäre nicht harmlos. Das klingt vielleicht etwas dramatisch, aber ich spürte es sofort. Mit einem Termin beim Radiologen für den nächsten Tag, fuhr ich wie ferngesteuert nach Hause und erzählte meinem Mann von meinen schlimmsten Befürchtungen.
Du bist seit 20 Jahren verheiratet und Mutter von drei Söhnen. Wie hat deine Familie auf deine Diagnose reagiert?
Unterschiedlich. Mein Mann, ansonsten ein eher rationaler Mensch, hatte große Ängste und war emotional genauso überfordert wie ich – hilflos der Diagnose von Ärzten ausgeliefert. Unser ältester Sohn, damals 19, reagierte sehr gefestigt und informierte sich auch übers Internet über das Thema Brustkrebs. Der mittlere Sohn war zu dieser Zeit 15 und Gott sei Dank in einem Alter, wo Freunde, Hobbys und Schule eine große Rolle spielen und somit für die so wichtige Ablenkung sorgten. Unser Jüngster glaubte ganz fest an meine Heilung, war überzeugt, dass ich alles gut überstehen würde. “Mami, du schaffst das!”, sagte er zu mir. Schwierig war es auch für meine Eltern und Schwiegereltern, die mir mein Leid und meine Ängste nicht abnehmen konnten und sich daher sehr hilflos fühlten. Mit ihrer tollen Unterstützung im Haushalt und den Alltagspflichten konnten sie dennoch helfen und einen wichtigen Beitrag leisten.
In deinem ersten Buch schreibst du unter anderem über Chemo, Bestrahlung und Nebenwirkungen. Was hat dir in dieser schweren Zeit Kraft gegeben?
An allererster Stelle meine große Familie – jeder auf seine Art und Weise. Unser Familienalltag, liebevolle Aufmerksamkeiten und die Unterstützung von vielen Seiten, angebotene Fahrdienste, kleine Geschenke, gesundes Essen, wie z.B. die regelmäßige Hühnersuppe meiner Schwiegermama. Auch Unterstützung von außen habe ich gerne angenommen: heilpraktische Behandlungen, die Einnahme empfohlener Mittel zum Leberschutz und zur Stärkung von Magen und Darmflora, psychoonkologische Gesprächstherapie. Meine Schwester besorgte mir eine Regenerationssalbe für meine geschädigte, bestrahlte Haut. Spaziergänge mit meinen Lieben, Entspannungstraining, Yoga, meine Lieblingsmusik. Und immer wieder der notwendige Rückzug. Es gab sehr Vieles, das mir Kraft gab, durchzuhalten und diese schwierige Zeit ein wenig erträglicher zu gestalten.
Du hast mittlerweile zwei Bücher geschrieben. Was motiviert dich zum Schreiben?
Das Abenteuer Leben motiviert mich zum Schreiben. Meine Erfahrungen, meine Erkenntnisse aus vielen verschiedenen Bereichen, meine Familie und meine persönliche Weiterentwicklung – all das bietet mehr als genug Stoff zum Schreiben.
Sylvia Döttlinger
Bücher sind seit jeher ein wichtiger Teil meines Lebens. Mein erstes eigenes Büchlein entsprang einer lästigen Hitzewallung aufgrund meiner Anti-Hormontherapie. Und zwar an einem frühen Morgen, auf den Tag genau ein halbes Jahr nach meiner Diagnose. Ich hatte plötzlich das dringende Bedürfnis, meinen Gefühlen und Erlebnissen Raum schaffen zu müssen – diesem Emotionscocktail aus Angst, Wut und Ohnmacht. In aller Früh begann ich am Küchentisch zu schreiben – seitenlang. Ich schrieb mir einiges von der Seele, und es fühlte sich für mich wie eine Befreiung an. Seitdem habe ich nie mehr zu schreiben aufgehört. Meine Lebensfreude und meine Energie kehrten langsam zurück. Ich freute mich jeden Tag auf das Schreiben, meine Kreativität war grenzenlos. Mit Begeisterung formulierte ich ständig neue Sätze in meinem Kopf. Auch meine Haare begannen zu dieser Zeit wieder zu wachsen. Es ging eindeutig bergauf.
Würdest du sagen, dass das Schreiben für dich eine heilsame Wirkung hat? Inwiefern hat es dir geholfen das Erlebte niederzuschreiben?
Auf alle Fälle. Das Schreiben gibt mir das Gefühl von Stärke und Lebendigkeit. Es hilft mir auch, mich mit negativen Gefühlen, insbesondere meinen Ängsten auseinanderzusetzen. Aber es hilft auch, all das Schöne und Gute in meinem Leben zu würdigen. Mir persönlich fällt es leichter, meine Gefühle und Gedanken niederzuschreiben, als sie genauso zu erzählen wie ich sie empfinde. Ich kann mir vorstellen, dass es auch anderen Menschen ähnlich geht. Zudem macht mich das Schreiben stolz, und ich bin froh, mir mit fast 50 Jahren endlich erlaubt zu haben, mein Potential mit Begeisterung auszuleben.
Und worum geht es in den Büchern?
Es geht in meinen Büchern nicht nur um die Erkrankung, sondern auch um meinen starken Willen, zu überleben und das Leben zu genießen. Hauptsächlich geht es in beiden Büchern darum, wie unglaublich wertvoll und bunt das Leben ist, trotz Widerstand und Steinen, die uns hin und wieder in den Weg gelegt werden. Dass es manchmal einen Warnschuss braucht, um sich dessen wieder verstärkt bewusst zu werden. Wie wichtig es ist, unsere Eigenverantwortung zu erkennen, nicht die Schuld im Außen zu suchen und in der Opferrolle zu verharren. Wir alle haben eine unglaubliche Macht und Kraft in uns drin, die wir uns zunutze machen sollten. Wie wichtig außerdem mentale Stärke, Selbstliebe, Akzeptanz und Zufriedenheit sind, um glücklich und gesund zu sein. Und auch, dass es manchmal Hilfe von außen braucht, wenn wir uns auf unserem Weg verlieren. Wir müssen nicht jeden Kampf alleine ausfechten. Genau das möchte ich meinen Leser:innen vermitteln. Im Prinzip sind meine 2 Bücher eine Hommage an das Leben.
Um ein Buch veröffentlichen, braucht es Mut – noch mehr Mut erfordert es, die eigene Krankheitsgeschichte niederzuschreiben und quasi fremden Personen einen Einblick in die höchstpersönliche Gefühls- und Gedankenwelt zu geben. Wie stehst du dazu? Hattest du Angst vor diesem Schritt?
Ich weiß, nicht wenige Menschen schrecken davor zurück, ihre wahren Gefühle zu offenbaren und sich derart verletzlich zu zeigen. Angst davor hatte ich keine. Es war eher so, als hätte mein ganzer Emotionscocktail ein Ventil gesucht und sich auf diese Weise endlich seinen Platz geschaffen. Es war eher eine Befreiung für mich, meine Geschichte niederzuschreiben. Ich bin überzeugt, dass die Menschen, die mir nahe sind oder jene, die ehrliches Mitgefühl für andere aufbringen können, sehr berührt von meinen Erzählungen sind. Was den Rest betrifft: Bei dem Gedanken daran, was andere von mir halten, bin ich wesentlich schmerzbefreiter als früher. Ich habe anlässlich meiner Erkrankung und durch meine darauf folgende persönliche Weiterentwicklung einmal mehr erfahren, wer oder was wichtig für mich ist und welche Menschen ich in meinem Leben haben möchte. Durch meine Krankheit, meine Bücher und der Mentalcoach-Ausbildung im letzten Jahr habe ich einige wertvolle Menschen in mein Leben gezogen, die ich sonst wohl nie kennengelernt hätte.
Schon als kleines Mädchen wolltest du ein Buch schreiben und jetzt bist du Autorin. Wie hat es sich angefühlt, dein Buch zum ersten Mal in der Hand zu halten?
Ja, das wollte ich unbedingt, aber über Tagebücher und diverse Gedichten zu verschiedensten Anlässen bin ich nie hinausgekommen. Es war tatsächlich einer meiner Herzenswünsche, einmal in meinem Leben ein Buch zu schreiben und es zu veröffentlichen. Nun sind es bereits zwei geworden. Ich gestehe: Es ist ein unglaubliches Gefühl, das eigene Werk in seinen Händen zu halten. Beim zweiten Buch konnte ich sogar nicht darauf verzichten, eine Danksagung zu schreiben. Das fühlte sich absolut cool an!
Ist schon ein weiteres Buch in Planung?
Ich habe tatsächlich bereits einige neue Ideen im Kopf. Vorher stehen aber noch eine oder zwei Lesungen auf dem Plan. Im letzten Lockdown habe ich bereits geübt und zwei Mal online gelesen. Dies war eine neue Herausforderung für mich, die ich jedoch sehr gut gemeistert habe.
Über Sylvia Döttlinger
„Das Leben bietet genügend Stoff zum Schreiben. Jeder von uns hat eine Geschichte zu erzählen. Sei mutig und offen, eine neue Herausforderung anzunehmen.“
Als begeisterter Bücherwurm habe ich mir mit fast 50 Jahren einen lang gehegten Kindheitstraum erfüllt – ein eigenes Buch. Seitdem besteht eindeutig Suchtgefahr. Es ist mein Herzenswunsch, mit meinen Geschichten Menschen zu berühren und in Erinnerung zu rufen, was wirklich wichtig ist im Leben.
Neben dem Ausleben meiner neu erwachten Kreativität bin ich gerne in der Natur unterwegs, wo ich Kraft und neue Ideen sammle.
Mit meinem Mann, unseren 3 Söhnen und unserem Kater Pauli lebe ich in Tirol, umringt von einer herrlichen Bergwelt.
Foto: Privat
Ein ganzes Jahr … anders als geplant
von Sylvia Döttlinger
Wie man trotz Brustkrebserkrankung ein lebensfrohes, wenngleich auch hartes Jahr erleben kann. Eine emotionale Zeit mit vielen Herausforderungen. Die Autorin gibt hilfreiche Tipps und Anregungen für eine besondere Zeit.
Mrs. „Perfekt“ und das Unkraut im Garten
von Sylvia Döttlinger
1 Perfektionistin – 4 Männer – 60 Socken. Kann das gutgehen? Auf eine erfrischende, humorvolle und ehrliche Art erzählt die Autorin, wie sie dem Perfektionismus im Alltag zu trotzen versucht – mal mehr, mal weniger erfolgreich. Warum Unkraut jäten so überaus wertvoll ist und wo sich die Stopptaste vom Gedankenkarussell befindet. Lass dich entführen in den unperfekten Alltag einer ganz normalen Frau im besten Alter.
„Mrs. Perfekt und das Unkraut im Garten“ im Buchschmiede-Shop →
Interview mit Evelyn Fischer
Diagnose Brustkrebs – ohne Zweifel ein Schicksalsschlag. Inwiefern hat sich dadurch dein Leben verändert?
Ich habe schon sehr lange erkannt, dass Veränderung das Leben und Denken in Bewegung hält. Und dass das Sich-Immer-Wieder-Herauswinden aus scheinbar stagnierenden Situationen zum Glücklichsein dazugehört. Zum Glück fällt mir das nicht schwer.
Schreiben ist eine exzellente Form der Selbstreflexion. Man liest seine eigenen Worte und “hört” sich einmal ganz bewusst zu. Endlich hört mir mal jemand zu!
Evelyn Fischer
Würdest du sagen, dass das Schreiben für dich eine heilsame Wirkung hat? Inwiefern hat es dir geholfen, das Erlebte niederzuschreiben?
Schreiben finde ich großartig, weil du Blockierendes aus allen deinen Sinnen wieder zum Fließen bringst!
Dein Buch trägt den Titel “Aus der Krankheit in die Liebe” und ist sehr vielseitig. Du erzählst von deiner Krebserkrankung, von deiner Selbstheilung, von deinem Leben als alleinerziehende Mutter. Hast du dich einfach hingesetzt und los geschrieben oder wie kam es zu dem Buch?
Ich lese viel und schreibe zeitweise gewisse Erkenntnisse und Gedanken auf. Ja, ich habe mich einfach hingesetzt und geschrieben, es war mir ein inniges Bedürfnis. Die eingeflochtenen Geschichten aus meinem Leben als alleinbegleitende Mutter haben den Sinn, dass ich im Nachhinein mein Denken von damals Revue passieren ließ, um zu sehen, wie es mich ins Heute begleitet. Eigentlich sollte es ja nur ein Tagebuch sein/werden.
Du schreibst von deinen Erfahrungen mit Selbstheilung und gibst im letzten Drittel deinen Leser:innen auch konkrete Anleitungen, wie sie mit ihrem Körper kommunizieren können. Für wen sind diese Übungen gedacht?
Die Übungen sind für jeden Menschen gedacht, gesund oder krank. Sie begleiten dich in dein Innerstes. Ich überlege schon lange, ob ich nur ein sogenanntes “Übungsbuch” machen soll…
Hattest du bedenken vor der Veröffentlichung und davor wie Leute aus deinem Umfeld auf das Geschriebene reagieren?
Ich hatte keine Angst vor diesem Schritt, war aber sehr erstaunt darüber, dass sehr viele Menschen, vor allem aus meinem nahem Umfeld sehr verwirrt waren und meine Offenheit erschreckend fanden. Zu viele Namen und der Schreibstil wurde bekrittelt. Irgendwann stand ich dann vor einem riesengroßen Schreckensgespenst, das ich bereits gut kannte: “Oh mein Gott, was habe ich getan?” Meine, diese Unsicherheit, die sehr oft nach gewissen mutigen Entscheidungen folgt, führte mich dann in einen stillen Rückzug, in dem ich dann das Buch hinterfragte. Es ist eben nur für Leute, die eine Krebsdiagnose haben und auf knallharte Ehrlichkeit stehen und sich aus dieser, langsam und sanft abholen lassen, und sich in ein liebevolles Miteinander mit sich selbst einlassen möchten. Langsam klettere ich aber aus meiner Starre empor und lerne eisern, auch schmerzhaft, zu meinen typischen Hauruckaktionen zu stehen. Mein Geschriebenes hat bereits viel Trost gebracht und das ist das Einzige, was zählt.
Was möchtest du deinen Leser:innen mit auf den Weg geben?
Meine Botschaft an alle Menschen, die mit dieser Diagnose konfrontiert sind, ist, dass die Auseinandersetzung mit dem Selbst das Allerwichtigste ist, was man tun kann. Egal, welcher Stress sich gerade jetzt in deinem Leben zeigt. Dinge schön reden, positiv denken und “Ja, ich schaff’ das!” sagen, ist mal eine gute Idee, aber ewig dem “Kern” der Dinge ausweichen und sich ablenken und nicht daran denken, halte ich für wenig sinnvoll. Und vor allem haben wir auch gut gelernt, dass es irgendwer schon richten wird, z.B. die Medizin! Nein, ich bin es, der meinen Körper lebt, ihn hört und füttert, nur ich. Und nur ich kann mir so zuhören, wie ich es brauche, nur ich weiß, was geschehen ist, wie sich das angefühlt hat, nur ich weiß, wie es mir geht. Sonst niemand! Also: Sei gut zu dir, denn du bist der einzige Mensch, der immer für dich da ist!
Über Evelyn Fischer
Ich habe dieses Buch geschrieben, das wirklich sehr ehrlich mein innerstes Denken in verschiedenen Situationen aufzeigt. Ich habe oft mit mir gerungen, ob es überhaupt an die Öffentlichkeit darf, ob ich es einfach sein lassen soll. Aber mittlerweile bin ich so dankbar für mein Leben, so dankbar für alle Unruhen, und für alle Menschen, denen ich begegnen durfte. Ich bin so innig verbunden mit mir und meinem Leben, dass mir wirklich egal ist, was die Menschen von mir denken. Ich habe bewusst einige Lebensthemen in dieses Buch eingebaut, damit es etwas mehr Farbe bekommt. Der eigentliche rote Faden ist die Selbstbestimmtheit. Wir Menschen haben uns im Laufe unseres irdischen Seins angewöhnt, unser Selbst zu hinterfragen und dem Außen zu folgen. In der Hoffnung, „na wenns alle machen mach ichs halt auch, da kann nicht viel falsch sein!“ Ich lade in diesem Buch ein, dich selbst einmal wahrzunehmen, zu spüren, deine Einzigartigkeit anzuerkennen und Zeit mit dir selbst zu verbringen.
Foto: Ira&John
Aus der Krankheit in die Liebe
von Evelyn Fischer
Sie lebt ein souveränes und selbstbestimmtes Leben, als sie die Diagnose Brustkrebs wie ein Keulenschlag trifft. Evelyn Fischer erzählt über ihre anfängliche tiefe Not, aufgelockert durch fröhliche Anekdoten aus ihrer Zeit als alleinerziehende Mutter, und wie sie sich dann doch für sehr unübliche Begleitmaßnahmen, neben den klassischen, als grundlegenden Heilweg aus dieser Krankheit entscheidet. Sie ist fest davon überzeugt, dass körperliche Krankheit durch unterbewusste seelische Prozesse heraus entsteht. In ihrem Buch gibt sie Anleitungen für die „Innere-Dialog-Arbeit“, aus der sie nicht nur gesund und gestärkt, sondern überglücklich aus dieser letztendlich für sie wunderbaren Erfahrung herausgeht.
Interview mit Roland Tappeiner
Schon zweimal hast du den Krebs besiegt. Was hat dir Kraft gegeben?
Ich hatte einen Tumor und einige Jahre darauf Prostatakrebs. Es war der starke Wille zu überleben, welcher mir die Kraft gegeben hat – einfach durchzuhalten und ja nicht aufzugeben. Auch auf meinen Pilgerreisen hab ich nie kehrtgemacht. Nur wenige Monate nach meiner Operation habe ich mich auf den Weg gemacht, um (erneut) den Camino zu gehen. Eigentlich wollte ich nur eine Woche gehen, fühlte mich aber nach einer Woche so gut, dass ich nicht aufhören wollte. Deshalb habe ich den Rückflug einfach um eine Woche verschoben. Und am Ende hab ich mein Buch fertiggeschrieben!
Wann hast du damit begonnen, dein Buch zu schreiben? Was war der Auslöser dafür?
Ich habe im Krankenhaus begonnen, da ich dort nichts Besseres zu tun hatte, als gesund zu werden, und es hat mir dabei geholfen.
Dein Buch trägt den Titel “36 Tage – Eine Strategie den Krebs zu besiegen”. Warum 36 Tage? Was steckt dahinter?
Der Arzt sagte mir, dass die Strahlenbehandlung 36 Tage dauert. Ich habe ihm geantwortet, dass ich den Jakobsweg gegangen bin, der 36 Tage gedauert hat und es sehr anstrengend war und dass ich die 36 Tage Strahlenbehandlung auch durchstehen werde.
Du schreibst davon, dass du schon immer den Jakobsweg gehen wolltest – wie ist das mit dem Autoren-Dasein? Wolltest du auch schon immer ein Buch schreiben oder kam das eher überraschend?
Das mit dem Buch-Schreiben kam überraschend, den Jakobsweg zu gehen nicht. Das mit dem Jakobsweg habe ich 20 Jahre lang hinausgezögert. Das Buch zu schreiben war um einiges einfacher, als den Jakobsweg zu gehen.
Ich begann einfach im Krankenhaus zu schreiben und daraus ist dann ein Buch entstanden.
Roland Tappeiner
Was möchtest du deinen Leser:innen mit auf den Weg geben?
Das, was ich bereits von meiner Mutter gelernt habe: das Beste aus jeder Situation zu machen, egal wie ausweglos sie ist, nicht aufgeben; abzuwägen, welche Chancen bestehen und intuitiv die richtigen Entscheidungen zu treffen.
Wie hat es sich angefühlt, dein Buch zum ersten Mal in der Hand zu halten? Ist es vergleichbar mit dem Kilometerstein “0” des Jakobsweges?
Beim Kilometerstein 0 dachte ich, schade, dass es nun zu Ende ist. Als ich das Buch zum ersten Mal in der Hand hielt, dachte ich, dass es gar nicht so schwer war, wie ich mir vorher gedacht hatte.
Hat es dich Überwindung gekostet, deine Gedanken und Gefühle zu veröffentlichen?
Nein, überhaupt nicht. Ich habe nie die Scheu gehabt, meine Gefühle mit anderen Menschen zu teilen. Meiner Schwester hat das Buch sehr geholfen. Sie hatte auch Krebs bekommen. Das muss wohl am Erbmaterial liegen. Sie sagte zu mir: „Wenn du es geschafft hast, dann schaffe ich es auch.“ Es freut mich, dass meine Erlebnisse zum Mutmacher wurden.
Über Roland Tappeiner
Roland Tappeiner ist in Schlanders (Südtirol) geboren und dort aufgewachsen. Er machte eine Ausbildung als Radio- und Fernsehmechaniker und später das Abitur, um in Wien Elektrotechnik zu studieren. Nach dem Abschluss des Studiums arbeitete er beim Europäischen Patentamt in Den Haag und in München als Patentprüfer. Eine schwere Krebserkrankung veränderte sein Leben. Er besiegte den Krebs, reist viel und gründete die Firma SEPS (Solar Electric Power Solutions). Er wohnt abwechselnd in Wien, der Toskana und München.
Foto: Privat
36 Tage Jakobsweg, Eine Strategie den Krebs zu besiegen
von Roland Tappeiner
36 Tage Jakobsweg, 36 Tage Strahlenbehandlung und Chemo. Eine abenteuerliche Reise nach Südamerika. Der Salcantaypass, wo der Krebs tatsächlich besiegt wurde. Machu Picchu, Titicacasee, Bolivien. Die Erkenntnis, dass es noch viele weitere Abenteuer gibt, verändert das Leben.
Titelbild: iStock, Panuwat Dangsungnoen