Die Kunst der Figurenentwicklung: So erweckst du deine Charaktere zum Leben

Ob Kinderbuch, Roman oder Krimi – es gibt kein Buch ohne seine Figuren. Denn diese sind das Herzstück jeder Erzählung. Ein gut gelungener Charakter kann die Leser:innen in seinen Bann ziehen, sie berühren, begeistern, abstoßen, vielleicht sogar zum Nachdenken oder Lachen bringen.

Aber wie entstehen interessante, komplexe Figuren? In diesem Blog-Beitrag möchten wir dir aufzeigen, wie man Charaktere zum Leben erweckt.


Jeder Mensch sieht anders aus und hat auch unterschiedliche Charaktereigenschaften und Eigenarten. So soll es auch bei den Figuren in deiner Geschichte sein – keine darf der anderen gleichen, jede muss einzigartig sein.

Das Aussehen

Damit sich die Leser:innen ein Bild von deinen fiktiven Persönlichkeiten machen können, ist es nicht unbedingt notwendig, das Äußere im Detail zu beschreiben. Hat das Aussehen jedoch Einfluss auf die Figur oder die Handlung deiner Geschichte, dann macht es durchaus Sinn. Beispielsweise, wenn der Protagonist hinkt und deswegen gehänselt wird.

Fällt es dir schwer, deinen fiktiven Charakter zu beschreiben? Dann versuche, deine Figur zu zeichnen. Es muss kein Meisterwerk sein, aber man sollte die wichtigsten äußerlichen Merkmale erkennen können.

Ein gutes Beispiel für ein einzigartiges Aussehen ist Harry Potter. Man erkennt ihn an seiner runden Brille und an der blitzartigen Narbe auf der Stirn. Ohne diese Merkmale wäre Harry Potter nicht Harry Potter.

Gehe mit offenen Augen durch die Welt und schau dir unterschiedliche Menschen an. Wer sticht dir ins Auge? Ist es vielleicht die junge Frau an der Bushaltestelle, die unentwegt durch ihr Handy scrollt oder ist es der Mann im Anzug, der vor dem Büro steht, und erschöpft an seiner Zigarette zieht? Stell dir vor, welches Leben diese Person führt, welche Träume und Wünsche sie hat.

Die Charaktereigenschaften – Wie ist meine Figur?

Eine interessante Figur sollte vielschichtig sein und die Leser:innen in ihren Bann ziehen. Aber wie macht man das? Und was bedeutet „vielschichtig“ in diesem Zusammenhang?

Ein Beispiel: Auf den ersten Blick kannst du deine Protagonistin selbstbewusst und stolz aussehen lassen. Ihr gelingt alles, für ihre Umgebung ist sie „Miss Perfekt“. Nach und nach erkennen die Leser:innen, dass auch sie nicht makellos ist. Sie macht Fehler und zeigt Schwächen. Die Fassade beginnt langsam zu bröckeln. Zum Schluss dringst du zum innersten Kern deiner Figur vor und deine Leser:innen erfahren, welcher Mensch hinter der perfekten Fassade steckt.

Die Geschichte der Figur

Die Vergangenheit macht uns zu den Menschen, die wir heute sind. Das gilt auch für die Protagonist:innen deiner Geschichte. Überlege, was deine fiktive Persönlichkeit in ihrer Kindheit und Jugend erlebt haben könnte. Wie war ihr Verhältnis zu ihren Eltern? Wer waren ihre Freunde? Gab es ein Ereignis, das das Leben dieser Person verändert hat?

Um solche Fragen nicht nur im Kopf beantworten zu müssen, kannst du die Antworten und zusätzliche Gedanken als Biografie auf Papier (oder Computer) bringen. Du musst keinen Roman schreiben, aber die Biografie sollte alle Stationen des Lebens enthalten, die wichtig für die Entwicklung deiner Figur waren.

Ziele und Motivation – Was treibt die Figur an?

Jeder Mensch hat Träume oder Ziele, die er/sie erreichen will. Das gilt auch für die Charaktere deiner Geschichte. Überlege dir, was deine Figur erreichen will und was sie motiviert, um ihr Ziel zu schaffen. Viele Geschichten starten mit dem großen Traum eines Charakters und begleiten ihn auf seiner Reise. Auf seinem Weg gilt es Hindernisse zu überwinden und Rückschläge zu verkraften. So entsteht ein spannender Erzählbogen, der deine Leser:innen fesselt.

Welche Grundhaltung hat deine Figur?

Ausschlaggebend für die Motivation, die Entwicklungsmöglichkeiten und das Konfliktverhalten ist die Grundhaltung deiner Figur. Ist sie ein unverbesserlicher Optimist und lebt nach dem Motto „Alles wird gut“ oder ist sie ein ewiger Pessimist, der allem Neuen erstmal negativ gegenübersteht. Je nach Grundhaltung wird sich deine Figur in gewissen Situationen anders verhalten.

Durch unterschiedliche Grundhaltungen verschiedenen Figuren können Dynamiken oder Konflikte entstehen, die eine Geschichte spannend machen.

Stärken und Schwächen – die Balance finden

Wie langweilig wäre ein Charakter, dem alles gelingt und der niemals etwas falsch macht? Selbst die größten Held:innen haben Schwächen und schlechte Angewohnheiten. Das macht sie lebensecht und die Leser:innen können sich mit ihnen identifizieren.

Aber bitte nicht übertreiben. Hat deine Figur eine ausgeprägte Charakterschwäche, ist sie nur dann relevant, wenn sie in der Geschichte eine Rolle spielt. Nutze die Schwäche als Hindernis, die deine fiktive Persönlichkeit überwinden muss. So entwickelt sich deine Figur weiter und wird für die Leser:innen zu einem Menschen aus Fleisch und Blut.

Entwicklung der Figur in deiner Geschichte

Du hast jetzt eine Vorstellung davon, welcher Mensch deine Figur zu Beginn deiner Geschichte ist. Doch jede Person entwickelt sich ständig weiter.

Überlege dir also, welche Ereignisse in deiner Geschichte die Entwicklung deiner Charaktere beeinflussen. Was wird die Figur im Laufe der Geschehnisse erleben? Wie verändert sich ihr Weltbild? Verzweifelt sie, wird sie gleichgültig oder geht sie gestärkt daraus hervor.

Auch an diesem Punkt kannst du mit einem Hilfsmittel arbeiten, dem sogenannten Entwicklungsbogen. Du kannst ihn mit einem Software-Programm gestalten oder alles auf einen großen Papierbogen malen oder schreiben und anschließend an die Wand kleben. So hast du beim Schreiben immer die Entwicklungsschritte deiner wichtigsten Protagonist:innen vor Augen.

Unser Fazit: Menschen sind komplex und vielschichtig. Deswegen sollten es auch die Figuren in deiner Geschichte sein. Vermeide Klischees und gib deinen Charakteren einzigartige Eigenschaften, eine individuelle Vergangenheit und die Möglichkeit zur Weiterentwicklung.

Bildernachweis: iStock, majivecka

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